„Wer ein Tier anschafft, übernimmt Verantwortung“
Diskussion zwischen Tierschutz und Politik in Mölln
Die SPD hatte geladen und viele Akteure aus Tierschutz und Kommunen kamen in Mölln zusammen. Das Thema einmal mehr: Die überfüllten Tierheime im Land. Und was eine Katzenschutzverordnung daran ändern könnte.
In einem Punkt waren sich am Ende alle einig. Es muss etwas geschehen für die geschätzt 75.000 Straßenkatzen in Schleswig-Holstein.
„Wir reden seit mehr als zwei Jahren darüber, eine Katzenschutzverordnung einzuführen. Vor einem Jahr wurde sie im Landtag abgelehnt, aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen“, sagte Ellen Kloth, Landesvorsitzende des Deutschen Tierschutzbundes in Schleswig-Holstein. „Und jetzt sehen wir die Konsequenzen. Die Tierheime sind überfüllt. Sie sind voll mit Fundkatzen, gerade in den letzten Wochen wieder jede Menge Kitten.“ Die Kapazitätsgrenzen seien in den meisten Fällen längst überschritten.
Im Mittelpunkt: die Katzenschutzverordnung
Sandra Redmann, tierschutzpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion und die SPD Herzogtum Lauenburg hatten am Montag zu einer Diskussion unter dem Titel „Krise im Tierschutz: Tierheime am Limit. Jetzt ist die Politik gefragt!“ nach Mölln eingeladen. Im Mittelpunkt der Diskussion stand die Katzenschutzverordnung, also die Kennzeichnung, Registrierung und Kastration von Freigänger- und Straßenkatzen. Gemeinden wie Mölln und Itzehoe haben sie nach Paragraph 13a eingeführt, in Schleswig-Holstein denken Kiel und Lübeck gerade darüber nach. Im Landtag jedoch steht die schwarz-grüne Regierungskoalition weiterhin dagegen. Sie hatten 2023 die Initiative der Opposition aus SPD, FDP und SSW abgeschmettert.
Für Michaela Dämmrich, ehemalige Landestierschutzbeauftragte von Niedersachsen, ist das unverständlich. „In Niedersachsen war das kein Streitthema unter den demokratischen Parteien, die Katzenschutzverordnung wurde im Konsens landesweit eingeführt.“ Niedersachsen hätte ursprünglich Kastratationsaktionen wie in Schleswig-Holstein durchgeführt, sie aber letztlich als zu ineffizient verworfen. Die oft ins Feld geführte Kostenbelastung durch eine Kastrationspflicht entbehre jeder Grundlage.
Dem konnte Ingo Schäper, Bürgermeister von Mölln zustimmen: „Es gibt keine Kosten, die über die vorhandenen Fundtierverträge hinausgehen.“ Wesentlich für die Einführung einer kommunalen Katzenschutzverordnung sei in Schleswig-Holstein der „Verhältnismäßigkeitsgrundsatz“, erläuterte Schäper, der seit 2022 im Amt ist: „De facto ist das die Frage nach dem Hot Spot von Straßenkatzen, Vermehrung und Katzenleid. Wir haben das gesamte Möllner Stadtgebiet zum Hot Spot erklärt. Denn ein freilaufender, nicht kastrierter Kater hat einen Radius von etwa fünf Kilometern. Das entspricht recht genau der Größe von Mölln.“ Entscheidend sei aber die enge Zusammenarbeit von Stadt und Tierschutzverein in Mölln: „Die Politik im Land und auch im Bund muss endlich erkennen, wie wichtig der Tierschutz für unsere Gesellschaft ist.“
Kastrationspflicht als Argumentationshilfe
Der Vorsitzende des Tierschutzvereins Mölln und Umgebung, Gaston Prüsmann, pflichtete „seinem“ Bürgermeister bei: „Die Kommunen können die Einhaltung einer Katzenschutzverordnung ohnehin nicht kontrollieren. Auch das Land nicht. Das müssen letztendlich die Tierschutzvereine übernehmen. Und da ist die gesetzliche Grundlage wichtig.“ Der Punkt der Argumentationshilfe gegenüber den rund zehn Prozent Katzenhalter:innen, die ihre freilaufenden Tiere nicht kastrieren lassen, war für die meisten Anwesenden wesentlich. „Mit einer gesetzlichen Regelung im Rücken könnten wir ganz anders auftreten, sagte etwa Brigitte Maeder, langjährige Vorsitzende und inzwischen Schatzmeisterin des Tierschutzvereins Elmshorn.
„Geesthacht war eine der ersten Städte, die sich überhaupt mit einer Katzenschutzverordnung auseinandergesetzt haben“, sagte der Geesthachter Bürgermeister Olaf Schulze (SPD). „Wir regeln das derzeit ohne Katzenschutzverordnung. Ein wichtiger Punkt für mich ist auch, den Landkreis nicht aus der Verantwortung für das Thema zu entlassen.“ Dort gebe es insbesondere viel Koordinierungspotenzial: „Allerdings ist es schwierig, die verschiedenen Zuständigkeiten zu bündeln. Was wir meines Erachtens noch viel zu wenig machen, ist, den Menschen zu sagen, welche Verantwortung sie übernehmen, wenn sie eine Katze oder einen Hund anschaffen. Ich verstehe den Tierschutz so, dass das eigentlich sein allerwichtigstes Anliegen ist.“
"Für die Bevölkerung ist Tierschutz wichtiger als für die Politik"
„Tierschutzthemen sind in der Politik schwer zu setzen“, sagte Co-Gastgeberin Sandra Redmann in ihrem Eingangsstatement und hatte damit schon ein wenig den Verlauf der Diskussion vorausgeahnt: „Sie sind immer nur Randthemen. Was aber übersehen wird: Für die Bevölkerung ist Tierschutz wichtiger als für die Politik.“ Sie bleibe daher auch bei ihrer Forderung nach einer landesweiten Katzenschutzverordnung: „Dass es geht, beweisen Berlin, das Saarland und Niedersachsen. Unser Antrag im vergangenen Jahr wurde abgelehnt.“ Der Grund sei offenbar gewesen, Katzenhalterinnen und -halter anzusprechen, die ihre freilaufenden Tiere nicht kastrieren ließen: „Wir müssen aber klar machen, dass jemand, der sich ein Tier anschafft, auch Verantwortung übernehmen muss.“
Ein Argument, das auch Ellen Kloth aufgriff: „Die Kommunen sind aus Sicht von Bund und Land als letztes Glied in der Kette immer die, die das Problem dann abräumen sollen. Aber das Argument, dass wir den Katzenhalterinnen und -haltern nichts vorschreiben dürfen – das zieht nicht.“ Das sei den Tierschutzvereinen vor Ort sehr klar.