Straßenkatzen: Kastrationsaktion ist gestoppt
Tierärztekammer befürchtete finanzielles Minus
Am gestrigen Mittwochmittag hat die Landestierärztekammer die ursprünglich bis 20. Oktober geplante Katzenkastrationsaktion in Schleswig-Holstein nach gerade einmal zwei Tagen gestoppt. Der Grund: Sie fürchtete, dass das Budget kurzfristig aufgebraucht sein könnte.
Am Mittwoch war nur noch ungefähr die Hälfte der ursprünglich 100.000 Euro im Fond, heute (Stand 12. Oktober, 14 Uhr) noch etwas mehr als 13.000 Euro. Die Rechnungen werden zum Teil auch rückwirkend eingereicht.
Die diesjährige Herbstkampagne war insgesamt die 16. Katzenkastrationsaktion im Land. Durch die novellierte Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) und die damit gestiegenen Kosten war die Aktion von vornherein um rund zwei Wochen kürzer angesetzt. Aber auch für diesen verkürzten Zeitraum scheint das verbliebene Geld bei weitem nicht zu reichen.
„Nicht mehr hinnehmbar“
Der Deutsche Tierschutzverband wie auch der Landesverband Schleswig-Holstein fordern, die Kastrationsaktionen künftig finanziell besser auszustatten. Dazu Ellen Kloth, Vorsitzende des Landesverbands Schleswig-Holstein: „Nachdem der schleswig-holsteinische Landtag mit der Regierungsmehrheit eine landesweite Katzenschutzverordnung abgelehnt hat, ist nun auch die aktuelle Katzenkastrationsaktion gescheitert. Die Tierschützer im Land, die trotz der ohnehin dramatischen Lage der Tierheime an ihre finanziellen und personellen Grenzen gehen, um Straßenkatzen zu helfen, werden im Stich gelassen. Das Land muss seinen Beitrag für die geplanten Aktionen 2024 wesentlich erhöhen - auf mindestens 200.000 Euro. Auch die Landestierärztekammer muss stärker unterstützen.“ Der Deutsche Tierschutzbund wie auch der Landesverband Schleswig-Holstein hatten ihren Zuschuss aufgrund der gestiegenen Tierarztkosten in diesem Jahr erhöht: Die Verbände beteiligten sich mit insgesamt 20.000 Euro.
Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, pflichtet Kloth bei: „Das Leid der Straßenkatzen ist menschengemacht. Das Grundgesetz, die deutsche Verfassung, die höchste deutsche Rechtsgrundlage postuliert ganz klar, dass der Staat die Tiere schützen muss. Dennoch mangelt es bisher an einer bundesweiten Regelung für Katzenschutz und auch auf Länderebene geschieht zu wenig. Mit den groß angelegten Kastrationsaktionen ist Schleswig-Holstein mit gutem Beispiel vorangegangen. Was aber in jüngster Zeit passiert, ist nicht mehr hinnehmbar. Erst wird die landesweite Kastrationspflicht für Freigängerkatzen als „bürokratischer Irrsinn“ abgetan und jetzt wird die Kastrationsaktion gestoppt, bevor sie richtig angefangen hat.“
Einzelne Tierschutzvereine machen auf eigene Faust weiter
Tierschutzvereine und Tierheime in Schleswig-Holstein müssen nun entscheiden, ob sie bei den noch nicht kastrierten Straßenkatzen die Kosten selbst tragen oder die Katzen unkastriert wieder laufen lassen – mit der Folge, dass sich diese weiter unkontrolliert vermehren. Vereine wie der Tierschutz Mölln haben bereits entschieden, die Kastrationsaktion in ihrem Einzugsgebiet auf eigene Kosten fortzuführen, um das Leid der Katzen zu bekämpfen und um im nächsten Frühjahr nicht wieder vor einer „Katzenschwemme“ zu stehen. Für ihren Einsatz und für die Kastration der Straßenkatzen sind die Tierschutzvereine und Tierheime vor Ort jedoch auf Spenden tierlieber Menschen angewiesen.
Die Zahl der frei lebenden Straßenkatzen in Schleswig-Holstein wird auf mindestens 50.000 bis 75.000 Tiere geschätzt. Das Leid der Katzen ist immens. Hunger, ansteckende Krankheiten, Stress durch Nahrungssuche, Gefährdung, Verletzung und Tod durch den Straßenverkehr – frei lebende Katzen sind auf vielfältige Weise buchstäblich lebensgefährdet.
Um dieses Problem wenigstens einzudämmen, werden seit 2014 zwei Mal jährlich die Kastrationsaktionen durchgeführt. Seit 2014 haben die Tierschützer gemeinsam mit Land und Kommunen 15 Aktionen in Schleswig-Holstein durchgeführt. Insgesamt wurden seither rund 26.400 Katzen – weiblich und männlich – kastriert. Bei der Frühjahrsaktion 2023 wurden 1.396 Katzen kastriert – davon 812 Kätzinnen und 582 Kater. Die Zahlen der nur zweitägigen Herbstaktion sind noch nicht bekannt.