Nutztierrisse durch den Wolf rückläufig
Leichter Anstieg der Wolfsbestände

Während die Nutztierrisse in den erfahreneren „Wolfs-Bundesländern“ rückläufig sind, muss in Schleswig-Holstein noch einiges geschehen.
Die meisten der 209 Wolfsrudel in Deutschland lebten zuletzt, im Monitoring-Jahr 2023/24, in Brandenburg (58), gefolgt von Niedersachsen (48) und Sachsen (37). In einem Wolfsrudel leben im Schnitt acht Tiere. Just in diesen drei Bundesländern ist die Zahl der Nutztierschäden und der Risse - trotz leicht zunehmender Wolfsdichte und immer noch unzureichender Herdenschutzmaßnahmen - in den letzten drei Jahren rückläufig. Das berichtet der Verband Wildtierschutz Deutschland unter Berufung auf Zahlen der Landesjägerschaften und des DBBW (Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf).
In Brandenburg, Niedersachsen und Sachsen leben die meisten Wölfe
In Brandenburg ist die Zahl der Nutztierrisse, bei denen der Wolf nicht ausgeschlossen werden kann, von 358 auf 279 im Jahr 2024 zurückgegangen. Das ist ein Minus von etwa 22 Prozent. Und das obwohl der Wolfsbestand im gleichen Zeitraum um 12,6 Prozent von 430 auf 484 Tiere zugenommen hat. 90 Prozent der Risse in Brandenburg betrafen Schafe und Ziegen, gefolgt von Rindern und Gehegewild. Nur in zwölf Prozent der Fälle waren die betroffenen Weidetiere gemäß der empfohlenen Herdenschutzmaßnahmen geschützt.
Ähnlich ist das Bild in Niedersachsen. Dort war die Anzahl der Wölfe zuletzt sogar um 18 Prozent von 345 auf 407 Tiere gewachsen. Dennoch ist die Zahl der Übergriffe, bei denen der Wolf nicht ausgeschlossen werden kann, innerhalb eines Jahres von 300 auf 240 im Jahr 2024 gesunken.
In Sachsen schließlich ist die Zahl der Wölfe im Berichtszeitraum leicht rückläufig. Sie ist um gut sechs Prozent gesunken, von 322 auf 302 Tiere im vergangenen Jahr. Die verdächtigen Nutztierrisse sind in dieser Zeit von 275 auf 210 Vorfälle zurückgegangen.
Herdenschutz lässt Übergriffe sinken
„Es lässt sich festhalten, dass einerseits der Wolfsbestand in den wolfsreichsten Bundesländern Brandenburg, Niedersachsen und Sachsen nur noch langsam wächst“, sagt Lovis Kauertz von Wildtierschutz Deutschland. Im letzten Berichtsjahr nur noch um 8,7 Prozent. Andererseits sei die Zahl der Übergriffe auf Nutztiere erheblich rückläufig - und zwar ganz ohne (legale) jagdliche Eingriffe, so Kauertz: „Das lässt sich insbesondere auf zunehmende, wenn auch oft noch nicht ausreichende, Herdenschutzmaßnahmen zurückführen."
Wer nach einem wie auch immer gearteten "aktiven Bestandsmanagement" rufe, so Kauertz, „versteht die Lebensweise von Wölfen nicht und ignoriert die rechtlichen Grundlagen dafür.“ Auch nach der Herabstufung des Schutzes in der Berner Konvention werde der Wolf zumindest so lange kein Objekt einer regulären Jagd sein, wie der nationale günstige Erhaltungszustand nicht gewährleistet sei. „Davon sind wir in Deutschland weit entfernt," stellt Kauertz fest.
Kein Herdenschutz in Schleswig-Holstein
In Schleswig-Holstein wurde im Monitoring-Jahr 2023/24 von der DBBW erstmals seit dem Jahr 2000 ein Wolfsrudel erfasst. Die Zahl der Tiere verdoppelte sich von fünf auf zehn. Sechs davon waren zum Zeitpunkt der Erfassung Welpen. Laut der aktuellen Landesstatistik wurden zwischen Mai 2024 und März 2025 in Schleswig-Holstein 47 Schafe gerissen, bei denen der Wolf als Verursacher nicht ausgeschlossen werden kann oder wahrscheinlich ist. In keinem der Fälle waren die Schafe gegen Wolfsübergriffe geschützt. Hinzu kommen 15 wahrscheinlich von Wölfen gerissene Wildtiere.
Offensichtlich haben wir es in Schleswig-Holstein mit einer nachholenden Entwicklung zu tun. Da es deutlich weniger Wölfe gibt als etwa in Brandenburg oder Niedersachsen, fehlt es wahrscheinlich noch am Bewusstsein für eine potenzielle Gefährdung von Nutz- und Weidetieren. Dementsprechend ungeschützt sind die Tiere. So erklärt sich die relativ hohe Quote gerissener Schafe bei wohl nur einem vollzähligen Wolfsrudel.
Positivbeispiel Sachsen-Anhalt
Sachsen-Anhalt bietet dagegen ein gutes Beispiel für funktionierenden Herdenschutz. Er funktioniere dort, wo stabile ungestörte Wolfsrudel lebten, die es gelernt haben, dass Zäune weh tun, so Wildtierschutz Deutschland. Diese Wölfe geben ihre Erfahrungen an ihre Nachkommen weiter und halten fremde Wölfe auf Distanz. Die "IG Herdenschutz plus Hund" in Sachsen-Anhalt zeigt, dass effizienter Herdenschutz möglich ist - ohne Jagd auf Wölfe: Seit sechs Jahren haben die beteiligten Weidetierhaltenden mit insgesamt etwa 25.000 Tieren keinen einzigen Riss zu vermelden.
Bundesweit wurden 2023/24 übrigens genau 1601 Wölfe gezählt, 262 mehr als im Vorjahr. Im gleichen Zeitraum wurden 193 Wölfe tot aufgefunden, 150 davon sind einem Verkehrsunfall zum Opfer gefallen. Ein Totfund entfiel dabei auf Schleswig-Holstein.
Themenschwerpunkt zum Wolf auf tierschutzbund.de
Verbreitungsgebiete des Wolfs in Deutschland. Ein schwarzer Punkt symbolisiert ein Wolfsrudel. Quelle: Bundesamt für Naturschutz