Kiel und Berlin: Tierschutz unter Druck

Kiel und Berlin: Tierschutz unter Druck

Schleswig-Holstein streicht Fördermittel / Tierschutznovelle der Bundesregierung im Bundestag

Tierschutz wird weggespart: Den überfüllten Tierheimen werden in Schleswig-Holstein die Fördermittel gestrichen. Foto: Deutscher Tierschutzbund

Schleswig-Holstein streicht die Förderung der Tierheime aus dem Haushalt 2025. Der Entwurf des überarbeiteten Tierschutzgesetzes der Bundesregierung ist bislang eine einzige Enttäuschung.

Deutschland 2024. Der Schlachthof-Tierarzt ertränkt wenige Stunden alte Ferkel in einer Regentonne. Und kommt straflos davon. So beschreibt Vera Christopeit in ihrem Beitrag auf dem Jura-Portal „Legal Tribune Online“ (lto.de) den traurigen Zustand des Tierschutzes in der Bundesrepublik. Bis auf Verbesserungen in der Hühnerhaltung – Verbot der Käfighaltung und des Kükenschredderns – gibt es seit der Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel in das Grundgesetz vor nunmehr 22 Jahren keine handfesten, zählbaren Erfolge.

Tierheimen in Schleswig-Holstein fehlen 550.000 Euro für Modernisierungen

Dazu passt auch eine aktuelle Nachricht aus Kiel: Das Land Schleswig-Holstein streicht im Zuge der Sparmaßnahmen zum Haushalt 2025 die Zuwendungen und Zuschüsse für Tierheime und Betreuungsstationen komplett. Das heißt: Den sowieso schon klammen und überfüllten Tierheimen fehlen nun im kommenden Jahr satte 550.000 Euro Fördermittel für Modernisierungen und Instandsetzungsmaßnahmen.

Damit nicht genug: Auch das neue Tierschutzgesetz des grünen Bundeslandwirtschaftsministers Cem Özdemir hat die anfangs hohen Erwartungen leider völlig enttäuscht. In dieser Woche geht der Gesetzentwurf in die erste Lesung im Bundestag.

Entgegen anfänglichen Zusagen gibt es im Entwurf keine Fortschritte bei den Qualzuchten und beim Online-Handel von Hunden und Katzen, kein Verbot der Anbindehaltung von Rindern und kein Ende der grausamen Ferkelkastration. Auch das eingangs erwähnte Töten von Tieren ohne vernünftigen Grund dürfte in der Rechtspraxis nach der Novelle des Tierschutzgesetzes straflos bleiben. Aus Angst vor Fleischlobby, Landwirten, Forschungslabors und Tierzüchter-Lobby setzt das Ministerium auf Formulierungstricks, Übergangsfristen oder gleich auf das Ausklammern ganzer Themenkomplexe.

Tiere als „Spielball zwischen Politik und Lobbys“

„Die Tiere bleiben der Spielball, der zwischen Politik und der stark in den Ausschüssen vertretenen Agrar- und Forschungslobbys hin- und hergeworfen wird“, schreibt Christopeit der Politik hinter die Ohren. Insbesondere vermöge es diese nicht, dem Verbesserungsgebot des Artikels 20a Grundgesetz  – „Staatsziel Tierschutz“ – annähernd zu entsprechen.

Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, sieht es genauso: „Das für das parlamentarische Verfahren vom zuständigen Minister Özdemir vorgelegte Tierschutzgesetz wird dem Staatsziel Tierschutz nicht gerecht. Es erfüllt nicht die im Koalitionsvertrag formulierten Versprechen.“ Schröder will die Hoffnung aber noch nicht aufgeben: „Umso mehr liegen unsere Hoffnungen nun beim Parlament. Die notwendigen Schritte im Tierschutz müssen jetzt konsequent und damit unumkehrbar im Gesetz festgezurrt werden, wie es das Staatsziel Tierschutz seit 2002 vorschreibt.“

Motto für Welttierschutztag 2024: „Tiere schützen, nicht verraten. Neues Tierschutzgesetz  – jetzt“

Der Deutsche Tierschutzbund stellt den diesjährigen Welttierschutztag am 4. Oktober folgerichtig unter das Motto „Tiere schützen, nicht verraten. Neues Tierschutzgesetz – jetzt“. Der Welttierschutztag geht zurück auf den Heiligen Franz von Assisi, den Schutzpatron der Tiere, der am 4. Oktober 1228 heiliggesprochen wurde. Jährlich nutzen Tierschützer den Tag, um auf das Leid der Tiere aufmerksam zu machen, das durch den Menschen verursacht wird. Der Deutsche Tierschutzbund stellt den Aktionstag in jedem Jahr unter ein aktuelles Motto.

Bleibt zu hoffen, dass die Bundesregierung im Politikfeld Tierschutz doch noch die Kurve bekommt und zählbare Verbesserungen für die Tiere erzielt. Die Angst vor mächtigen Lobbys ist ein schlechter Ratgeber und wird von den Bürgerinnen und Bürgern aus gutem Grund in der Regel nicht belohnt.

Und auch die Landesregierung in Kiel enttäuscht ein weiteres Mal die Tierschützerinnen und Tierschützer. Die Solidaritätsbekundungen angesichts der überfüllten Tierheime im vergangenen Jahr waren offenbar nicht viel mehr als heiße Luft.

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