Jagdgesetz: Hannover zieht den Schwanz ein
Auf Druck der Jagdlobby

Wie Schleswig-Holstein will auch Niedersachsen den Abschuss von Hunden und Katzen weiter erlauben. Und: Wo bleibt die Katzenschutzverordnung?
Die Drohung einer Großdemo von Jägerinnen und Jägern vor dem niedersächsischen Landtag in Hannover scheint gewirkt zu haben. Das nun vom niedersächsischen Landwirtschaftsministerium veröffentlichte Eckpunktepapier zur Reform des Landesjagdgesetzes ist aus Tierschutz-Perspektive eine große Enttäuschung. Alle tierschutzrelevanten Punkte seien „verwässert“ worden, sagt James Brückner, der Leiter des Wildtierschutzreferats beim Deutschen Tierschutzbund: „Selbst der Abschuss von freilebenden Katzen bleibt erlaubt. Das Papier ist eine Enttäuschung, zumal seitens der Landesjägerschaft keinerlei überzeugenden Argumente vorgelegt wurden, die den zuvor eigentlich geplanten Änderungen entgegenstanden.“
Jagdhundeausbildung an lebenden Tieren bleibt erlaubt
Neben der eigentlich vor dem Aus stehenden Abschusserlaubnis für Hunde und Katzen, die nun 350 Meter von Siedlungen entfernt Bestand haben soll, feiert auch die anachronistische und grausame Jagdhundeausbildung an lebenden Tieren fröhliche Urstände. Nach Beobachtung von Dieter Ruhnke, dem Vorsitzenden des Tierschutzbundes Niedersachsen, setzten die Jäger voll auf Konfrontation und drohten den Entscheidungsträgern der rotgrünen Koalition in Hannover mit Protesten ähnlich den Bauernblockaden des vergangenen Jahres.
Auch Lovis Kauertz, Vorsitzender des Wildtierschutz Deutschland, ist alarmiert. Die verbliebenen Pläne seien „weit davon entfernt, den Tierschutz bei der Jagd zu stärken“. Kauertz sieht gar eine Erpressung durch die Jagd- und Forstlobby und zweifelt zugleich, dass der Referentenentwurf der rotgrünen Landesregierung in Hannover „Wählerstimmen jagdaffiner Zielgruppen“ sichere. Die grüne Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte „hätte die Chance gehabt, einen bundesweit einzigartigen Gesetzesentwurf zu lancieren – diese Chance hat sie vertan.“
Nicht umgesetzte und isolierte Katzenschutzverordnungen
Unverständlich ist in dem Zusammenhang auch, dass Niedersachsen zwar bereits 2023 eine Katzenschutzverordnung – Markierung, Registrierung und Kastration freilaufender Katzen – beschlossen, diese aber bis heute nicht umgesetzt hat. Und nun zugleich weiter den Abschuss angeblich wildernder Katzen durch Jäger gestatten will. Entgegen dem ursprünglichen Plan.
Die Situation erinnert an Schleswig-Holstein mit seinen isolierten Katzenschutzverordnungen in Mölln, Ratzeburg, Itzehoe und Kellinghusen und den 2580 erschossenen Katzen zwischen Frühjahr 2023 und Frühjahr 2024. Anstatt die Population verwilderter Hauskatzen konsequent zu begrenzen und damit zugleich die Wildtiere zu schützen, setzt die Landesregierung auch zwischen Nord- und Ostsee auf individuellen Abschuss. Mit der Gefahr, dass auch nicht wildernde und Freigängerkatzen getötet werden. Die Jägerschaft gehe sehr „besonnen“ mit dieser Option um, beschwichtigte angesichts der Debatte um die Katzenabschüsse jüngst der Kieler Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU). Das darf aus Erfahrung und angesichts der Zahlen durchaus bezweifelt werden.
Auch Kiel setzt weiter auf Abschuss
Dass statt der punktuellen Kastrationskampagnen im Frühjahr und Herbst eine umfassende Katzenschutzverordnung wesentlich nachhaltiger wäre – um diese Erkenntnis drückt sich die Kieler Landesregierung seit Jahren herum.
Am Donnerstag wollten Tierschützerinnen und Tierschützer vor dem Landwirtschaftsministerium in Hannover gegen die verwässerte Reform des Jagdgesetzes demonstrieren. Ob sie einen ähnlichen Erfolg wie die Jagdlobby verbuchen können? fb